Verein Schweizer Phantastikautoren

Wie organisiere ich meine eigene Lesung?


Lesungen sind wichtig für Autoren. Viele warten jedoch auf die goldene Gelegenheit, um bei einer Messe lesen zu können oder dass sie von einem Veranstalter angefragt werden. Bevor man aber vor lauter Warten alt und grau wird, gibt es noch eine andere Möglichkeit: selbst eine Lesung zu organisieren. Das klingt nach viel Arbeit, aber das täuscht, wenn man folgende 4 Schritte beachtet:

Schritt 1: Das Datum / der Zeitraum

Lass dir am besten genug Zeit, um die Lesung zu organisieren. Stell also nichts für die nächsten vier Wochen auf. Ich plane meine eigenen Lesungen mindestens ein halbes Jahr im Voraus, lieber aber sogar ein Dreivierteljahr vorher. So hast du sicher genug Zeit, um dich vorzubereiten, Flyer zu drucken, die Werbetrommel zu rühren und ev. eine Medienmitteilung an die Zeitungen in der Region zu verschicken.

Schritt 2: Die Location

Wenn du das Datum bzw. den Zeitraum eingegrenzt hast, kannst du dich auf die Suche nach einer Location machen. Viele kennen die Lesung aus der Bibliothek oder an Schulen, aber Fakt ist, dass man heutzutage überall lesen kann. Ich habe schon von Lesungen beim Optiker oder im Möbelhaus gehört. Dies klappt wahrscheinlich meistens über Vitamin-B.

Wenn du nicht in zahlreichen Lokalitäten um eine Audienz betteln willst, dann empfehle ich dir die Eventlokale in der gewünschten Region anzuschauen. Es gibt deutlich mehr als einem bewusst ist! Von Gemeindezentren bis zu kleinen Kulturperlen ist alles dabei.

Bei der Eingrenzung hilft es, sich bewusst zu machen, was man für eine Lesung halten will und wer das Zielpublikum ist. Für eine Kinderbuchlesung ist die atmosphärige Lounge im stadtmittigen Dachgeschoss mit Feierabendcüpli nicht die beste Wahl. Für ein Jugendbuch muss ich mir überlegen, wie ich die Jungspunde motivieren kann, an meine Lesung zu kommen – etwas, das heutzutage nicht einfach ist. Und für ein Science Fiction-Projekt ist vielleicht das mittelalterliche Ritterhaus nicht die beste Location.

Du musst allerdings damit rechnen, Geld in die Hand zu nehmen. Preise sind meistens hinterlegt. Je nachdem, wie aufwändig du deine Lesung gestalten willst, ob du einen Eintritt verlangst und wie viele Zuschauer du mobilisieren kannst, kannst du deine Aufwände aber am Schluss wieder decken. Gewisse Locations haben auch eine Stammkundschaft und eigene Newsletter, die dir zusätzlich ein paar Besucher einbringen können.

Wenn du eine oder mehrere geeignete Orte gefunden hast, dann schreibe sie an, um die Details festzunageln. Bei vielen seriösen Eventlocations kannst du mittlerweile die Verfügbarkeit in einem Onlinekalender bereits vorher prüfen. Wenn es konkret wird und du noch nie vor Ort warst, empfehle ich dir, vor Vertragsunterzeichnung kurz alles anzuschauen und dir das Drumherum erklären zu lassen: Was kannst du nutzen (ganz wichtig: braucht es ein Mikrophon und eine Soundanlage?) was musst du am Ende alles putzen, wie läuft die Schlüsselübergabe ab, etc. In der Regel gibt es dafür einen kleinen Vertrag, der alles regelt. Rechne mit einem Depot für den Schlüssel.

Schritt 3: Das Konzept

Wenn du nun den Ort festgenagelt hast, geht es ans Eingemachte: das Konzept. Da hast du dir ja vorher schon ein bisschen Gedanken dazu gemacht, aber jetzt geht es um die Detailarbeit. Natürlich könntest du einfach 20 Minuten aus deinem Buch lesen und die Leute danach wieder nach Hause schicken, aber dann kommen wahrscheinlich bei der nächsten Lesung nicht mehr so viele Leute.

Mein persönlicher Tipp, wenn du selbst eine Lesung organisierst: Hol dir Verstärkung mit ins Boot, denn so vergrösserst du automatisch deinen Besucherradius, denn ihr seid schon zwei (oder drei oder…) Personen, die Leute einladen können. Das kann eine Autorenfreundin sein, die ähnliches liest, oder aber auch eine Musikerin, die deine Darbietung musikalisch untermalt, ein Sprecher, der deine Geschichte wiedergibt, oder eine Moderatorin, die entspannt mit dir plaudert und dir ungeahnte Details entlockt.

Zuhörer schätzen es nämlich besonders, wenn du an der Lesung persönlich wirst. Das Interesse an dir und deinen Beweggründen wird grösser sein, als an deinem Buch (ja du hast richtig gelesen, so ist es nun einmal). Denn du hast ein Buch geschrieben! Wie hast du das gemacht? Warum hast du das geschafft, während andere immer noch davon träumen, den ersten Satz zu schreiben? Greife ins Nähkästchen, erzähle von deinen Missversuchen und Learnings; das macht dich menschlich und greifbar.

Behalte aber die Zeit im Hinterkopf: Die Aufmerksamkeitsspanne von Menschen ist nicht besonders lange. Ohne Pause halten es die meisten 45-60 Minuten aus. Mit Pause kannst du auch auf 1 ½ Stunden kommen – aber nur, wenn du auch genug Inhalt hast. Lieber kurz und knackig als eine langweilige, in die Länge gezogene Darbietung. Lese lieber nicht 20 Minuten am Stück sondern kleine Häppli.

Um Abwechslung ins Programm zu bringen, kannst du wirklich kreativ werden. Bring Dinge mit, die das Publikum anschauen kann. Hast du Requisiten, die dich inspiriert haben? Stell sie aus! Hast du Zeichnungen von deinen Protagonisten? Häng sie auf! Hat dich ein Komponist beim Schreiben begleitet? Lass dein Lieblingsstück laufen! Kannst du ohne Schoggi nicht schreiben? Dann verteil sie grosszügig an dein Publikum.

Interaktive Intermezzos helfen ausserdem auch, um deine Zuschauer wach zu behalten. Du kannst ruhig schon vor der obligatorischen Fragerunde mit dem Publikum flirten. Bei den Flash Fiction Lesungen lassen wir zum Beispiel die Leute die Themen selber wählen. Oder du kannst bei deinem Buch die Leute über den besonders fiesen Cliffhänger rätseln lassen.

Schritt 4: Marketing

Du hast einen Plan und eine Strategie, jetzt brauchst du noch ein Publikum.

Bei deiner allerersten Lesung ausserhalb einer Messe wird der FF-Anteil (Family und Freunde) hoch sein. Aber je öfter du liest, desto weniger werden kommen (wahrscheinlich). Wahrscheinlich ist es darum auch dein Ziel, an ein neues Publikum zu kommen.

Dann musst du dich fragen, wie du das Zielpublikum erreichst. Du kannst Flyer drucken und verteilen. Bei Social Media ist meine Erfahrung durchzogen. Mein Fazit ist, dass man viel Geld ausgeben kann und dann auch einige Likes bekommt, aber schlussendlich nicht wirklich viele Leute mobilisiert. Vielleicht schaffst du es auch, mit einer pfiffigen Medienmitteilung die lokale Presse darauf aufmerksam zu machen.

Viele Eventlocations, die auf Kultur spezialisiert sind, haben zudem eigene Newsletter, Aushänge etc. Die Obere Mühle in Dübendorf arbeitet zum Beispiel mit Ticketino zusammen. Ticketino ist ein Ticketverkäufer für Kleinevents. Auch bei der Flash Fiction Lesung ohne Eintritt haben sie einen Event erstellt.

Neben diesen 4 Punkten müssen wir noch kurz übers Geld reden:

Kosten:

Die Kosten varieren natürlich je nach gewähltem Anbieter. Hier ist deswegen einfach eine kleine Auflistung der möglichen Posten:

  • Location (Miete und Depot)
  • Requisiten (Mikrophon, Soundanlage …)
  • Flyer /Social Media Kampagne
  • Verpflegung (falls du eine Pause machst, biete deinen Besuchern eine Erfrischung an. In manchen Locations gibt es auch ein Kafi oder Restaurant. Wenn die Betreiber dabei selbst Geld verdienen, haben diese – bei meinen bisherigen Lesungen – keine Vergütung für diese Dienstleistung verlangt)

Einnahmen:

Wenn du die Lesung selbst organisierst, wirst du dafür nicht bezahlt. Aber es gibt einige andere Wege, wie du ein bisschen Geld einnehmen kannst, um die Kosten zu decken:

  • Eintritt: Anstatt den Eintritt frei zu machen, kannst du einen moderaten Betrag dafür verlangen. Behalte einfach im Hinterkopf, dass die Leute eine höhere Erwartung an eine bezahlte Dienstleistung haben. Ein hübscher Trick ist der 5-Franken Cüpli-Eintritt. Der Besucher zahlt fünf Franken für den Eintritt, bekommt aber in der Pause oder am Ende der Veranstaltung ein Cüpli dafür.
  • Verpflegung: Wenn du nichts gegen das Schleppen hast, kannst du auch in der Pause eine kleine Bar machen. Ich empfehle dir da jedoch, Hilfe zu beanspruchen, sodass du nicht alles selbst machen musst. Wenn nur fünf Nasen an deine Lesung kommen, solltest du natürlich nicht die 100-fränkige Whiskey-Flasche auspacken. Wenn du sicher sein willst, dass es nicht zu teuer wird, backe selbst einen Kuchen oder kaufe ein paar Jumbo-Chipspackungen.
  • Kollekte: Wenn du keinen Eintritt verlangst, stell ein Kollekten-Böxli auf. Weise die Leute am Schluss darauf hin und stell sie gut sichtbar neben den Eingang. (Geh lieber nicht damit von Person zu Person, wenn du keine unangenehmen Begegnungen willst). Ich persönlich habe sehr gute Erfahrung damit gemacht und bin immer wieder überrascht, wie viel dabei zusammenkommt.

Ich hoffe mit diesen 4 Schritten, habe dir einige hilfreiche Tipps für das Organisieren einer Lesung mit auf den Weg geben können. Wie bei allem im Leben, gibt es natürlich nicht nur eine Art und Weise. Wenn du andere gute Ideen oder interessante Erfahrungen gemacht hast, schreib sie gerne in den Kommentar – ich bin gespannt auf deine Tipps und Tricks!

Geschrieben von Lucie B. Müller

Foto von Stocksnap.io